Im Rahmen ihrer Projektwoche haben die SchülerInnen und Lehrkräfte der Oberschule Hermannsburg einen bunten Reigen verschiedenster Projekte ins Leben gerufen. Die Palette reichte vom schwungvollen „Tanzen verbindet“, dem Besuch des Spendenlädchens das für soziale Projekte sammelt, Spielen mit simuliertem Handicap, internem Sozialtraining, Fairplay im Streetbasketball, Trommelworkshop, Besuch der Hermannsburger Tafel, „Mut zum Ich“, Song texten für ein Rockprojekt, Kooperation: Menschen sind verschieden, Rollstuhlsport, Teamspiele und Kinderliteratur, Toleranz und ihre Grenzen sowie künstlerisches Umsetzen der Emotionen in Farbe auf Papier.
Im Trommelworkshop mit Johanna Ottermann finden die aus Afrika stammenden Instrumente großen Anklang. Auch zweckentfremdete Objekte wie Eimer und Mülltonne finden ihren Musikanten. Die Siebt- und Achtklässler stehen vor der Aufgabe, eine Geschichte mit Musik zu gestalten. Sie üben vier verschiedene Rhythmen ein und spielen sie zu einem Stück zusammen.
Mit dem Theaterstück „Ich bin neu in der Klasse“ ging es sofort forsch zur Sache: Hassan aus Afganistan betritt in Begleitung der Lehrkraft seine neue Klasse. Noch ehe er vorgestellt und Platz nehmen konnte, flogen schon diskriminierende Äußerungen wie „Was willst du in Deutschland – Urlaub machen?“ „Pass auf, der hat Läuse!“ „So ein Schwarzkopf wie Du hat uns gerade noch gefehlt!“ durch den Raum. Betroffen stellt der neue Schüler fest: „Was gibt Euch das Recht, so zu sprechen? In meinem Land herrscht Krieg. Ich habe mit ansehen müssen, wie Verwandte gefoltert und umgebracht wurden. Meine Familie und ich suchen Frieden und Sicherheit. Ich habe gedacht, dass dies in Deutschland möglich ist.“ Die Lehrkraft weist einen immer noch lamentierenden Schüler zurecht. Dieser kontert / droht: „Mein Vater, der in einer mächtigen Organisation ist, fährt eine noch härtere Gangart. Sie können mir gar nichts.“ Die Schülerinnen diskutieren die Voreingenommenheit von Eltern und Gesellschaft, die häufig so von den Kindern übernommen werden.
Auf vier Rädern sind die Sechstklässler in geliehenen Rollstühlen des Hamburger Rollstuhlsportvereins in der Sporthalle und im Ort unterwegs. Sie erlernen den Umgang mit dem Rollstuhl per körperschonendem Fahren, entwickeln einen Parcours für den Tag der offenen Tür und wagen sich auf Hermannsburgs Straßen. Sie alle erfahren in diesen Stunden mehr Verständnis für gehandicapte Mitmenschen, als es in der Theorie möglich wäre.
„Jeder Mensch ist anders!“ Zu diesem Slogan basteln die Sechstklässler aus drei zur Verfügung stehenden Körpern „ihren Menschen“. Zuvor haben sie ihr eigenes „Schüler-Ich“ beschrieben. Sie benennen sich stolz, cool, frech, schüchtern. Ihnen ist klar, dass sie jeden Tag im Miteinander auf neue Emotionen ihres Banknachbarn stoßen. „Wir vertragen uns eigentlich gut, manchmal nervt der andere auch“, wissen sie zu berichten. Auf die Frage, „Was findet ihr toll an der Projektwoche“, müssen Patrick, Fabian und Tim nicht lange überlegen: „Das man nach 3 Wochen Matheunterricht Pause vom Lernen hat.“
„Hier bin ich, nein zu mir!“, schallt es beim Streetsoccer über den Schulhof. Entstanden war diese Art Straßenfußball einst in Columbien nach dem tragischen Tod eines Sportlers. Hierbei war es wichtig für die SchülerInnen, Fußball nicht nur leistungsmäßig zu erfahren. Sie stellten vorab ihre Regeln wie Größe des Fußballtores, Spielzeit selber auf. Einen Schiedsrichter gibt es beim Streetsoccer nicht.
Fetzige Hip-Hop-Musik nach Lady Gaga brachte die Teilnehmer im Streetdance-Workshop zum Schwitzen. „Wir wollen Menschen verbinden und Spass haben!“, so der Tenor der Aktiven. Am Tag der offenen Tür bezogen die SchülerInnen spontan die Besucher in ihr Tanzen ein.
In der Klasse 5 wird das Licht der Projektoren dieses Mal nicht auf Unterrichtsvorlagen sondern auf die Kinder selbst geworfen. Ihre Profile dienen als Abzeichenvorlage für lebensgroße Scherenschnitte. „Jeder Mensch ist anders, daher auch unsere Schattenbilder“, erklären die Kinder. Sie haben gelernt, dass sie anderen Menschen mit anderen Religionen, aus anderen Kulturen, Aussehen, Herkunft oder mit Behinderungen respektvoll und mit Akzeptanz begegnen sollen.
Aus Spass wird Ernst. Sebastian Ramnitz vom Landespräventionsrat Niedersachsen forderte die Sechzehnjährigen zu einem harmlosen Spiel heraus. In Zweiergruppen führten die Partner sich abwechselnd mit der Hand vor der Nase des Partners in nur 5 cm Entfernung des Führenden diesen durch den Klassenraum. Es gab viel Gelächter auf beiden Seiten. „So schön kann es sein, anderen zu folgen“, so der Präventionstrainer. „Doch warum machen wir dieses Spielchen?“ „Um Macht und Kontrolle auszuüben“, war die einhellige Meinung. Ramnitz unterstrich deutlich: „Im Bereich des Extremismus geht es immer um Macht und Ohnmacht. Solange eine Gesellschaft es zulässt und duldet dass es Neonazis gibt, werden diese Instrumente innerhalb dieser Organisationen angewandt.“
Die neue Schulband hat sich einen Namen gegeben: Diversity-Maintenance – heißt übersetzt: Vielfalt erhalten. Während der Projekttage kreierten die jungen Musiker nicht nur den Text ihres „Vielfaltsongs“ sondern auch die Musik höchstselbst.
„Wir sitzen alle in einem Boot!“ Diese Aussage unterstrichen die Fünftklässler mit dem Basteln und Bemalen vieler bunter Wassergefährte. Der „Stapellauf“ bringt die farbenfrohen Segelboote alle an einen großen Zweig, der künftig den Klassenraum schmücken und an die Vielfalt aller erinnern wird.
Ihre Gefühle brachten die Fünftklässler aus der Nachbarklasse mit Tusche zu Papier. Sie waren aufgefordert positive Emotionen in hellen freundlichen und negative Eindrücke in dunkleren Farben auszudrücken. Julian, Jannis, Sophia und Germaine waren sich darin einig: „Es ist immer beides in den Menschen. Man muss gucken, wie man damit umgeht!“
Betroffen nahm die Parallelklasse beim Besuch der Hermannsburger Tafel zur Kenntnis, dass wöchentlich rund 300 Bedürftige diese zwecks Verpflegung sowie der Ausstattung mit Kleidung in der Kleiderkammer, aufsuchen. Innerorts baten die SchülerInnen Passanten um Stellungnahmen zu unserer Wegwerfgesellschaft. „Es konnten sich ebenso viele vorstellen, in der Not ebenfalls diese ehrenamtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, wie es andere vehement ablehnten“, so die SchülerInnnen. Selbst zu spenden erschien den Befragten sinnvoll. Erarbeitet wurden Rezepte wie „Der arme Ritter“, die der Resteverwertung dienten.
Eifrig recherchiert und gebastelt wurde zu den Schwerpunkten der Schule „Berg Fidel“. Diese integrative Modell-Schule lebt das gemeinsame Lernen von Klasse 1 bis 10, das heißt, die Kinder werden nicht nach Leistungen ab Klasse 4 getrennt. Begleitend ist das Abitur ab Klasse 9 möglich. Außerdem sahen die Schüler dazu den Film „Eine Schule für alle“. Sie schnitten die aussagekräftigsten Filmsequenzen heraus stellten diese neu zusammen und zeigten sie dem interessierten Publikum während des Präsentationsnachmittages.
Tolles Laufwetter hatten alle Aktiven im Rahmen des Sponsorenlaufs im Örtzepark, der bei strahlendem Sonnenschein von Bürgermeister Axel Flader und Schulleiterin Evelyn Haller eröffnet wurde. Hoch motiviert gingen sowohl die SchülerInnen, Lehrkräfte und Betreuer an den Start. Angespornt durch ihre Absprachen mit ihren diversen Sponsoren liefen alle Runde um Runde, um den Erlös durch ihre Bemühungen zu steigern. Dieser wird aufgeteilt für ein noch zu benennendes Projekt in Afrika, für die weitere Ausgestaltung des Schulgeländes und ein noch zu benennendes Projekt.